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Monsters lange Stunde Null: Die Chronik eines angekündigten Relaunchs

[Crosswater Systems 11. Januar 2007/ghk]

Erst gackern wenn das Ei gelegt ist – diese alte  Hennen-Weisheit vergessen einige der Web-Manie verfallenen Marketing-Experten nur zu gern.  Dann wird schon Wochen vor dem eigentlichen Relaunch-Event ein Marketing-Feuerwerk abgebrannt, daß es nur so böllert und kracht.  Eine übersteigerte Erwartungshaltung wird aufgebaut – wie jüngst von Microsofts CEO Steve Ballmer praktiziert, als er unmittelbar nach seiner Windows 7 Beta-Download Ankündigung ein Disaster erlebte, weil die Server angesichts des grossen Ansturms der Interessenten reihenweise abstürzten. Dieser Manie schienen auch die Monster-Marketeers verfallen zu sein, als sie einen wichtigen, bedeutenden und so überzeugenden Video-Spot über ihren geplanten Relaunch im Web veröffentlichten.

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Schlafmütze: Das Gesicht des neuen Monsters (aus dem Promotions-Video)

Die Vorgabe des Vorsitzenden

HR-Blogger Cheezhead fasste die Overtüre zu Monsters Relaunch mit einem Zitat des Monster-Chefs treffend zusammen:  „On Monster’s quarterly financial earnings call,  CEO Sal Iannuzzi described efforts by the entire staff to completely revamp their site with a new primary focus on delivering quality, not quantity, an obvious response to a growing disenchantment with the kind of candidates associated with the job board. He said substantial marketing dollars will be infused into a massive relaunch of the job seeker portion of the site in January. The employer portion will also be completely renovated. Iannuzzi said, “For now, sufficed to say that we have been absolutely committed to putting all the resources of this company behind overhauling the employer and seeker experience:  a new Monster, if you will. It’s our biggest overhaul and relaunch since the inception of the company, and one that we will believe will dramatically improve our ability to anticipate and meet the needs of seekers and employers, energize our associates, and ultimately, help us grow market share.”

Und damit die Worte des Monster-CEO  richtig gewürdigt werden konnten, wurde auch ein Video-Spot gedreht und so die Bedeutung klar herausgestellt: Das neue Monster wird der Heilsbringer aller Stellensuchenden – angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise eigentlich ein willkommenes Szenario.  Damit war die Vorgabe auch klar: Der Fokus des Relaunchs lag eindeutig auf den neuen Bewerber-Tools. „Personalization and relevance throughout the site“ – das ist das neue Credo.

Die neuen Tools

Vasu Nagalingam, Monster Senior Product Director
Vasu Nagalingam, Monster Senior Product Director

Die neue Funktion  „Profil“ ermöglicht es, daß Kandidaten die persönlichen Details erfassen und damit klar herausstellen, nach welchen Karriere-Merkmalen der Bewerber sucht. Zu den „Profil“-Daten gehören die persönlichen Interessen, die Hobbies und die Karriere-Erwartungen des Stellensuchenden.

Zu den neuen Tools gehört „Career-Mapping“.  Damit können Kandidaten erkennen, welche Karriere-Schritte andere Bewerber mit ähnlichen Qualifikations- und Erfahrungsprofilen verzeichneten.  Verwirrt? Was Amazon im Online-Buchhandel seit Jahren als Cross-Selling praktiziert um das Interesse des Käufers auf andere Titel im Sortiment hinzuweisen („Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch….“) kopiert nun Monster und überträgt diesen Cross-Selling-Ansatz auf den Recruiting-Bereich.

Der Weg zum Traumjob wird leichter gefunden, wenn sich Kandidaten an anderen Bewerbern orientieren, wie diese zu ihrem persönlichen Traumjob gekommen sind. Vielleicht heist es dann auch in Deutschland eines Tages „Wer Vorstand einer teilverstaatlichten Commerzbank AG wurde, hat folgende Karriereschritte erfolgreich durchlaufen…..“.

Wer heutzutage beispielsweise den einst glamourösen Job als „Investment Banker“ mit Monsters neuer Career-Path-Beta-Version planen will, bekommt kurz und bündig die Meldung „No search results“ angezeigt. So tief sind die einstigen „Masters of the Universe“ schon gesunken. Wer als Bewerber zunächst keine Treffer erzielt, bekommt von Monster trotzdem gleich Trost spendiert: „This tool is intended to be an informational resource and not a predictor of individual potential or future performance“.

Diese neuen Kandidaten-Werkzeuge basieren auf Datenbank-Einträgen, die zunächst Schritt für Schritt zusammen mit den eingegebenen Lebensläufen aufbereitet und abgespeichert werden. Es sind quasi „selbstlernende“ Datenbanken – je mehr relevante Daten zur Verfügung stehen, umso präziser sind die Auswertungen. Dies erklärt auch, weshalb ausserhalb der USA solche Datenbanken erst mit Einträgen gefüttert werden bevor sie die Ergebnisse bringen, die der Bewerber erwartet.

Offensichtlich hätte auch Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder solche Karriere-Werkzeuge und Datenbank-Abfragen gut gebrauchen können, denn sonst hätte er nicht „Ich will da rein“ gerufen, als er in seinen frühen Jahren als Vorsitzender der Jusos am Gitterzaun des Bundeskanzleramtes in Bonn rüttelte, wie eine Politik-Anekdote glaubhaft macht.

Die Chronik eines angekündigten Relaunchs

Beim zeitlichen Ablauf des Relaunchs gewährte Monster auch einen eher etwas unfreiwilligen Blick hinter die Kulissen der Technik. Es wurde offensichtlich, daß der weltweite Relaunch über vier separate Server-Landschaften geographisch verteilt war:  (1) Die US-Server-Welt, (2) West-Europa inkl. Deutschland, (3) Ost-Europa und (4) Asien (Indien, China).


Spannungaufbau mit Countdown
Spannungsaufbau: Die neue Welt von Monster kommt in 2 Tagen, 15 Stunden, 26 Minuten und 34 Sekunden. Die Erwartungen eines präzisen Countdowns werden gechürt.
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Noch 10 Minuten bis Buffallo: Hinter den Kulissen wird fleissig gewerkelt und geschraubt, es geht um Alles: ein weltweiter Monster-Relaunch
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Wem die Stunde schlägt: Der Countdown-Zähler verharrt für fast einen halben Tag auf der Stunde Null
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Der Zähler ist längst abgelaufen und auf der US-Monster-Seite tut sich vorläufig überhaupt nichts: Der verschwommene Hintergrund eines Großraumbüros wird eingeblendet, dieses Bild sagt mehr als 1000 Worte: kein Mensch ist zu sehen, der klare Durchblick fehlt
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Um 14:56 Uhr erscheint eine Fehlerseite als Reaktion auf die "Page not found" Problematik: "Leider können Sie sich im Moment aufgrund von Wartungsarbeiten nicht anmelden. Sie haben jedoch in der nächsten Stunde wieder Zugang zu Ihrem Login. Wir möchten uns für eventuelle Unannehmlichkeiten entschuldigen". Diese Fehlermeldung erscheint in mehreren Sprachen der west-europäischen Server-Landschaft für Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Norwegen, Dänemark, Finnland und Schweden.
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Um 15:06 Uhr: Ruhe ist des Bürgers erste Pflicht. Die europäischen IT-Spezialisten sind da schon etwas cleverer als ihre US-Kollegen. Für Monster Polen blenden sie einen Placebo-Bildschirm ein und verkünden auf englisch und polnisch: "We're upgrading the Monster site at the moment". Aha. Sie waren auf Verzögerungen vorbereitet und haben sich entsprechend verhalten.
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Für Monsters Web-Auftritt in der Tschechische Republik haben die IT-Experten wahrscheinlich zum letzten Mal das Foto der charmanten Laborantin eingeblendet.

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Wie sag ich's meinem Kind? Die Monster-Nutzer in der Türkei bekamen einen kostenlosen Sprachtest angeboten - die Übersetzung in die Landessprache war einfach nicht so schnell greifbar.

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Ganz gelassen gingen die Monster-IT-Experten mit dem Relaunch in Asien um: Als ob sie die Worte des grossen Vorsitzenden nicht verstanden hätten, blieb in Hong Kong und anderswo alles beim Alten. Sogar das Original-Monster-Maskottchen wird noch eingeblendet, eine Hommage an die Gründerjahre unter Jeff Taylor und Andrew McKelvey.

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Während dessen konnte sich der Nutzer über den technsichen Fortschritt informieren. Um 18:23 Uhr kam doch etwas Bewegung in den Ablauf: Die ersten "Page not found" Fehlermeldungen im neuen Look & Feel tauchten auf.
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Um 18:17 Uhr durften auch die Monster-Nutzer in Deutschland hoffen: Bianca Strack, Team Manager B2C verzichtete im Gegensatz zu ihrem Kollegen Vasu Nagalingam auf wilde Gesten, blieb für die Video-Session deutsch-brav im Stuhl sitzen und erläuterte nüchtern-professionell die neue Funktionalität. In der Präsentatiuon wurde das noch fehlende Career Tool dezent übergangen, offensichtlich müssen trotz intensiver Relaunch-Vorbereitung die aktiv Stellensuchenden in Deutschland noch etwas Geduld aufbringen.
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Die Betreuer der Jobpilot-Webseite konnten es gelassen angehen: Am Webauftritt des einstigen Marktführers hatte sich so gut wie nichts geändert.

Weiterführende Links:
Iannuzzi unveils a “massive relaunch” of monster

Aktor International:  Monster, une nouvelle version pour janvier 2009

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